Freitag, 18. Mai 2012

Anja Tuckermann - "Nicht sprechen, nicht schweigen, nicht gehen, nicht bleiben"


Über den Autor:
Anja Tuckermann wird 1961 in Bayern (Deutschland) geboren und wächst im Berlin-Kreuzberg der 1960er- und 1970er-Jahre auf.
Sie ist schon früh feministisch aktiv und bringt viele sozialkritische Werke heraus. Mittlerweile blickt Sie auf 19 Buchveröffentlichungen und mehrere Theaterstücke und andere Werke zurück.
Sie unterstützt Schreibwerkstätten und schreibt auch heute noch Romane, Theaterstücke, Libretti und andere Texte für Musik und Kurzprosa.
(Quelle: Wikipedia)

Inhalt/Über das Buch:
Rinka hat Ferien von der Berufsschule. Als sie ihren Anschlusszug verpasst, nimmt sie ein Student mit in seine Wohnung und vergewaltigt Sie.
Ihr Leben ändert sich komplett. Nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Meinung:
Anja Tuckermann schafft es mit diesem schwierigen Thema so behutsam umzugehen, dass sich dieses Jugendbuch für Jung und Alt zu lesen lohnt.

Natürlich leidet man mit dem Hauptcharakter mit. Man spürt beim Lesen den Verfolgungswahn und die Einsamkeit, in die sich Rinka begibt.
Trotzdem strahlt der Roman am Ende positive Energie aus. Tuckermann schafft den Sprung von einem alten Leben, in ein erschreckendes Dasein und dann in ein neues Leben.

Dadurch, dass nicht im Übermaß auf die Gefühle des Opfers eingegangen wird, erhält der Roman eine starke Authentizität: es wirkt realistisch - niemand der ihr beisteht, aber auch kein aufgesetztes Drama. Man spürt die Wahrheiten, die in dem Buch vermittelt werden.

Es bleibt aber fraglich, ob jedes Opfer es schaffen kann, so damit klarzukommen.
Interessant wäre eine Betrachtung des Themas über einen längeren Zeitraum. Ich könnte mir vorstellen, dass die Entwicklung über Jahre hinaus für den Leser noch durchaus interessant gewesen wären und zum Nachdenken anregen würden.

Fazit:
Ein schwieriges Thema behutsam und dennoch realistisch umgesetzt.
Empfehlenswert für jedes Alter.

Zitat:
[...]
Mit angehaltenem Atem geht sie spazieren, will bei jedem Windstoß im Gebüsch zur Seite springen, vermutet hinter jedem Baum Gefahr, bis sie sich so nicht mehr will. Von da an bleibt sie stehen, wenn es im Laub raschelt, bleibt stehen und hört mit angespannten Muskeln, zusammengebissenen Zähnen zu.
"Das ist ein Vogel", sagt sie, und die Spannung kriecht ihr den Hals hinauf in den Kopf. Dann dreht sie sich zur Seite, sieht ins Gebüsch, und es ist ein Vogel.
[S. 7]

Autor:Anja Tuckermann
Kategorie:Gesellschaftsroman
Erstveröffentl.:2003
Ausgabe von:2003
Seiten:115
Verlag:Ravensburger
ISBN:3-473-35197-0

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:3
Handlung:4
Charaktere:4
Spannung:2
Humor:2
Fantasie:3
Gesamteindruck:3

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