Montag, 15. September 2014

Paul Auster - "Die New-York-Trilogie"


Über den Autor:
Paul Auster wird 1947 als Sohn von jüdischen Immigranten in New Jersey geboren. Bereits in seiner Jugend verfasst er die ersten Erzählungen und arbeitet später auch an ersten Romanentwürfen.
Er studiert Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in den USA, arbeitet aber dann zunächst als Matrose, bevor er anfängt verschiedene Jobs (u. a. Übersetzer) für die New York Times zu erledigen und später einen Lehrauftrag an der Columbia University annimmt.
Sein Durchbruch als Autor gelingt ihm 1987 mit der Veröffentlichung seiner New-York-Trilogie.
(Quelle: wikipedia)

Inhalt/Über das Buch:
Die drei zusammengeführten Erzählungen lassen sich alle als Krimis kategorisieren, obgleich hier ein gänzlich anderer Schwerpunkt gelegt wird, als in "normalen" Kriminalromanen. Bei jedem der drei Bücher wird der Hauptcharakter so manipuliert, dass er einem (scheinbaren) Auftrag folgt und sich dabei immer mehr in sich selbst zurückzieht. "Gefangen" in ihrer Aufgabe beginnen die Charaktere sich immer stärker mit ihrem "Subjekt" zu identifizieren und werden dadurch selbst zu einem "Opfer". Verstärkt wird diese Wirkung von der Einbettung in das Großstadt-Treiben von New York - in diesem "Dschungel" kann jeder schnell vereinsamen.
An dieser Stelle werde ich, im Gegensatz zu sonst, keine kurze inhaltliche Einführung geben, sondern verweise auf die Inhaltsangabe, die Wikipedia hierzu liefert: wiki

Meinung Buch 1 ("Stadt aus Glas", 1985):
Die Handlung stellt sich als etwas verzwickt heraus. Auf mich wirkt es zunächst etwas verwirrend, dass der Autor des Buches das ich gerade lese, selbst als handelnder Charakter in der Geschichte auftaucht. Paul Auster wird Teil einer Entwicklung, bei der man sich des öfteren fragt, ob das alles überhaupt Realität darstellen soll, oder ob es sich um einen kompletten Kunstgriff handelt und die Charaktere am Ende zu einem Einzigen verschmelzen. Zwischendurch dachte ich, es spielt sich alles nur im Kopf des Hauptcharakters ab, der gegen Ende dieses ersten Buches langsam wahnsinnig wird. Diese Veränderung ist klasse dargestellt. Wir Quinn sich schleichend zu einem Bettler entwickelt wirkt so einleuchtend und klar klar beschrieben, dass ich das erste Mal das Gefühl habe, wirklich verstehen zu können, wie jemand so weit abrutschen kann.
Natürlich wird unser Protagonist bereits von Anfang äußerst introvertiert und teilweise manisch dargestellt, dennoch ist er ein Intellektueller und zunächst für den Leser in keinerlei Gefahr. Zum Schluss bin ich schon etwas schockiert über die Abgründe der menschlichen Seele, die Auster hier so passend beschreibt.

Eingepackt in einen Krimi, handelt es sich bei diesem Buch um einen Roman über Psychologie, Religion und sozialkritische Gesellschaftsdarstellung. Es ist schwierig die ganzen Empfindungen beim Lesen sofort zu greifen. So geschickt bettet Auster diese Themen in die Geschichte ein.

Dass alles recht konstruiert wirkt, ist einer meiner wenigen Kritikpunkte. Durch die Implementierung seines eigenen Charakters deutet Auster an, dass es sich hierbei um ein Gedankenkonstrukt handelt.
An einigen wenigen Stellen ist mir die Ausweitung auf die Religion zu umfassend und zu selten unterbrochen von weitertragender Handlung. Daher sind diese Parts etwas langatmig.

Die Einbettung der Stadt New York ist treffend gelungen. Tatsächlich fühl ich mich an meine eigene New York Reise zurück erinnert und schwelge in dem Feeling, dass Auster rüber bringt. Er schafft es die Enge der Großstadt mit der Isolation des Einzelnen unter einen Hut zu bringen. Man fühlt sowohl die Melancholie des Hauptcharakters, als auch die Hektik der 5th Avenue.

Meinung Buch 2 ("Schlagschatten", 1986):
Dieses zweite Buch der Trilogie ist, anders als das erste Buch, sehr linear aufgebaut und damit auch einfacher im Verständnis. Die Handlung baut sich logisch auf, so dass man Blues Rückzug in sich sehr gut nachvollziehen kann. Man kann gut verstehen, dass er sich immer mehr mit Black identifiziert und damit sein eigenes Leben immer mehr an ihn bindet.

Trotzdem dem Leser schon recht früh klar wird, dass Blue keinen "echten" Fall hat und seine Observation unnötig ist, versteht es Auster dadurch eine gewisse Hörigkeit des Menschen darzustellen. Niemand zwingt Blue, die Wohnung auf der anderen Straßenseite weiter zu beobachten. Dennoch gibt er sein bisheriges Leben völlig auf, nur, weil er einen Auftrag hat.

Tatsächlich hat mich dieses Buch sehr bewegt. Man kann alles so gut nachvollziehen. Was am Anfang so normal gestartet hat, lässt sich später nicht so einfach beenden. Die Einsamkeit in die sich Blue begibt ist so treffend beschrieben, dass man selbst das Gefühl hat, einsam in einer New Yorker Wohnung zu sitzen. Das zweite Buch / der zweite Teil hat mir sehr gut gefallen.


Meinung Buch 3 ("Hinter verschlossenen Türen", 1987):
Mit diesem dritten Teil, übertrifft Auster alle meine Erwartungen. Der Roman ist von vorne bis hinten durchdacht und stimmig. Was mich teilweise erschreckt ist der Anschein, dass Auster augenscheinlich seine eigenen Erfahrungen in dieser Geschichte verarbeitet und der Roman daher autobiographisch wirkt, obwohl er es nicht ist. Der Erzähler gibt seinen Namen auch nicht preis und bemerkt an Ende, dass er selbst die beiden Bücher "Stadt aus Glas" und "Schlagschatten" geschrieben hat.

Wieder begibt sich der Hauptcharakter (das erzählende Ich) auf eine Jagd nach jemanden und verliert sich dabei selbst. Als ihm klar wird, dass er sich zunehmend aufgegeben hat, ist er dem Tode schon so nah, dass er aus seiner Trance erwacht.
Die geschickte Manipulation durch den gesuchten Mann (Fanshawe) bewirkt, dass der Erzähler scheinbar jeder eigenen Handlungsmöglichkeit beraubt wird. Paul Auster gelingt es, dies so realistisch wie nur irgendwie denkbar darzustellen. Man kann gut verstehen, warum der Erzähler sich auf diese "Reise" begibt. Die einzelnen Phasen seiner Entwicklung sind so anschaulich erzählt, dass man ihn am liebsten schon warnen würde. Besonders in Zusammenhang mit den ersten beiden Teilen, ahnt man schnell, worauf alles hinauslaufen wird. Aber eine Rettung bleibt unserem Erzähler erstmal versagt - sehr spannend.

Auch wenn der Roman klassische Stilmittel eines Kriminalromans aufweist und der Erzähler selbst zum Detektiv wird, fällt dieser Roman jedoch aus allen Rastern dieser Gattung heraus. Das Buch ist in seinem Aufbau uns Stil einzigartig und meiner Meinung nach eine schriftstellerische Meisterleistung. Es stellt sich für mich als überaus schwierig dar, meine Gefühle beim Lesen des Buches (besonders des letzten Bandes) in Worte zu fassen. Tatsächlich bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob ich es überhaupt wagen könnte, Kritikpunkte für dieses buch zusammenzutragen. Die Erzählung hat mich sehr bewegt und ich will mich gar nicht darauf einlassen, das Gelesene noch einmal "durchzukauen". Ich denke, man hat die drei Bücher / die Trilogie selbst schnell durchgelesen (liest ja nicht jeder so langsam wie ich) und kann sich selbst ein Bild von diesem einzigartigen Krimi machen...

Fazit:
Ein einzigartiges Werk, von einem einzigartigen Schriftsteller, der es versteht darzustellen, wie sich Menschen selsbt verlieren können. Erschreckend, wie wenig dafür nötig ist...

Zitat:
Es bleibt noch der letzte Augenblick, und der wird erst kommen, wenn Blue das Zimmer verlassen wird. Das ist der Lauf der Welt: nicht einen Augenblick mehr, nicht einen Augenblick weniger. Wenn Blue von seinem Stuhl aufstehen, den Hut aufsetzen und durch die Tür gehen wird – das wird das Ende sein.
[...]
(Auszug aus Buch 2, "Schlagschatten")
Autor:Paul Benjamin Auster
Kategorie:Kriminalroman
Erstveröffentl.:1987
Ausgabe von:2012
Seiten:416
Verlag:Rowohlt (ebook)
ASIN:B007IDSYHI

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:5
Handlung:4
Charaktere:5
Spannung:4-
Humor:3
Fantasie:4
Gesamteindruck:4-5

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