Mittwoch, 26. Juni 2013

Rafik Schami - "Eine deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat und andere seltsame Geschichten"


Über den Autor:
Rafik Schami wird 1946 in Damaskus (Syrien) als christlicher Arbaber geboren, und gehörte damit einer absoluten religiösen Minderheit an. 1971 wandert er nach Deutschland aus, wo er nach seinem Chemiestudium (inkl. Promotion) seit 1982 als freier Schriftsteller arbeitet. Er ist verheiratet, politisch engagiert und hat seit 2010 eine Gastprofessur an der Universität Kassel inne.
(Quelle: wiki, rafik-schami.de)


Inhalt/Über das Buch:
Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von kurzen Erzählungen. Teilweise bereichtet Rafik Schami offensichtlich von seinen eigenen Erfahrungen als christlicher Araber in Deutschland. Einige andere Erzählungen beruhen aber auf Geschichten, die er wohl von Anderen gehört und niedergeschrieben hat.

Meinung:
Die 24 Erzählungen lassen sich leicht von der Hand lesen. Wie immer besticht Schami durch seine eindrucksvolle Erzählkunst. Keine Geschichte ist langweilig oder langatmig. Bei diesem Werk hat er es geschafft lustige Sichtweisen auf Deutsche Eigenheiten mit seiner arabischen Erzählkunst zu verknüpfen. Auf eine schwungvolle kleine Parabel folgt ein Märchen wie aus eintausendundeiner Nacht nach Deutschland versetzt. Man will es gar nicht mehr aus der Hand legen. Das habe ich auch fast nicht.

Zwischendurch lässt Schami auch immer wieder nachdenkliche Klänge anschlagen. Man kann hier also nicht von einem Possenreißer auf Deutschland reden. Meiner Meinung nach handelt es sich um ein weiteres literarisches Meisterwerk von ihm. Erstaunlich, dass ein arabischer Einwanderer vermag, wovon viele deutsche Autoren nur träumen können: die deutsche Fantasie zu beflügeln.

Mit ein wenig mehr Raffinesse hätte Schami am Ende noch einen schönen Bogen zum Beginn / zur Einleitung schaffen können. Ich hätte mir das Werk auch gut als Zusammenspiel von verschiedenen Erzählsträngen vorstellen können, die am Ende alle zu einem Strang zusammenlaufen. Hier muss ich bei der Handlung leider einen Mini-Punkt abziehen. Doch dass nimmt mir nicht den Spaß an diesem grandiosen Werk. Rafik Schami hat mich wieder für ihn begeistert.

Dieses Werk schließt für mich endlich wieder an die wunderschönen Märchen von ihm an, die ich in meiner Kinderheit und Jugend so sehr geliebt habe.

Fazit:
Eine wunderschöne kleine Sammlung von Erzählungen, die das deutsche Herz mehr als einmal zum Schmunzeln bringt. Wieder eine Glanzleistung von Rafik Schami.

Zitat:
[...]
  Ich will nicht auf arabisch sterben. Wir Araber betrauern einen Toten ja mit Weinen und lautem Schluchzen. Wir versuchen den Schmerz aus uns hinauszutreiben, der unser herz zerreißt, nicht wahr? Und dort, wo wir scheitern, laden wir Klageweiber ein. Gegen Bezahlung sollen die Saiten unserer Seele so lange schlagen, bis kein Auge mehr trocken bleibt.
  Diese Art zu trauern hat etwas Egoistisches, das mich anwidert. Als wolle man nicht nur selbst trauern, sondern durch sein Geschrei die ganze Welt daran beteiligen.
  Nein, wir Araber wissen nicht zu sterben. Das ist wohl ein Mangel in unserer Kultur. Ich möchte lieber auf Deutsch sterben. Die Deutschen wissen oft nicht, wie man lebt, aber bestens, wie man stirbt. Die Angehörigen und Freunde des Toten feiern und holen seine Familie auf eine Weise ins Leben zurück. Sie vertreiben den Schmerz, der versucht, ihre Herzen zu erdrücken.
[S. 48]

Autor:Rafik Schami
Kategorie:(Gesellschafts-)Erzählungen
Erstveröffentl.:2011
Ausgabe von:2012
Seiten:212
Verlag:dtv
ISBN:3-423-14003-4

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:5
Handlung:3
Charaktere:2
Spannung:3
Humor:4
Fantasie:3
Gesamteindruck:3+

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